
Die Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen in der SPD des Vogelsbergkreises (AfA) besuchte kürzlich unter Leitung ihres neuen Vorsitzenden Erwin Roth die Marburger Tapetenfabrik in Kirchhain. Mit diesem Reiseziel hatten die Besucher die Möglichkeit, eine führende Fertigung aus dem Bereich der Raumgestaltung kennen zu lernen. In einem ausführlichen Einführungsreferat stellte der Betriebsratsvorsitzende Heinrich Hartmann die Firma vor. In der Mitte des vorigen Jahrhunderts war der Betrieb in Marburg gegründet worden. Durch die Kriegseinwirkungen wurde er im zweiten Weltkrieg komplett zerstört. Durch die beengten Grundstücksverhältnisse in der Marburger Innenstadt konnte dort kein Wiederaufbau erfolgen. Der neue Standort wurde in Kirchhain gefunden. Hier entstand das neue Werk der"Marburger Tapetenfabrik".
Die Fertigung beginnt mit dem Gestaltungsentwurfes durch den Künstler. Mit Stolz präsentierte Heinrich Hartmann die Muster der Kollektion von Colani, Harald Glöckler und Ulf Moritz. Hochwertigste Waren werden in alle Welt exportiert und schmücken die Räume von Königshäusern, Präsidentensitzen und Palästen von arabischen Herrschern. Aber auch Hotelketten, Unternehmensfilialen und nicht zuletzt Privatkunden werden über den Fachhandel beliefert. Einen besonders schmerzhaften Einbruch brachten die Wirtschaftssanktionen die gegen Russland wegen der Krimkrise verhängt worden ist. Hierdurch ging der Umsatz so stark zurück, dass 20 % der Mitarbeiter ihre Beschäftigung verloren haben.
Die Firma versucht erfolgreich, den Umsatzeinbruch im Ostgeschäft durch neue Produkte aufzufangen. Mit der Entwicklung einer keimtötenden Tapete zum Beispiel für Krankenhäuser und ähnliche Einrichtungen wird mit neuer Technik ein Zukunftsmarkt gestaltet. Darüber hinaus sind Spezialanfertigungen von Einzelstücken mit hohem künstlerischem Wert und zu sehr hohen Verkaufspreisen ein weiteres Standbein der Produktion. Die Firma beschäftigt zurzeit 330 aktive Mitarbeiter, leider sind die Ausbildungszahlen stark reduziert worden, wie der Betriebsratsvorsitzende bedauerte. Die Vergütungen beliefen sich als Prämienlohnsystem im Dreischichtbetrieb über dem festgelegten Tariflohn. Dies sei durch eine Betriebsvereinbarung erreicht worden. Die Stärke des Betriebsrates werde durch eine 100 % Gewerkschaftspräsens gesichert.
In einer anschließenden Werksbesichtigung wurde den Besuchern deutlich, wie komplex die Herstellung einer hochwertigen Tapete ist. Die Musterbücher und Ausstellungsstücke mit einer Kollektion von ca. 5.200 verschiedenen Artikeln dokumentieren die Vielfalt der einzelnen Produkte. Vom Einzeldruckstock bis zur riesigen Fertigungsstraße mit einer Vielzahl von Farben und Drucktechniken konnte der Betriebsablauf bestaunt werden. Modernste Computertechnik bis zum Einsatz von Verpackungsrobotern bestimmt das Bild in den großen Fertigungshallen. Die Mitarbeiter sind bei der schnellen Produktionsgeschwindigkeit von 60 Metern pro Minute einer hohen Belastung ausgesetzt. Nur durch langjährige Erfahrung und gute Ausbildung ist ein störungsfreier Betrieb möglich. Als einen besonderen Erfolg des Betriebsrates konnte Heinrich Hartmann auf die gleiche Bezahlung von Männern und Frauen verweisen. Den Abschluss der Betriebsbesichtigung bildete das Hochregallager, welches mit 36 Metern Höhe, 23.000 Europaletten sowie 15.000 Behälter/Fässer Stellplätzen bei voll mechanisierter Beschickung einen Eindruck von der Vielfalt der Produkte vermittelten.