


VOGELSBERGKREIS (jol). Wenn Martin Schulz als Kanzlerkandidat der Sozialdemokratie echten Schwung verleihen wollte, hat er zumindest schon im Vogelsberg einiges erreicht. Beim Kreisparteitag am Samstag gaben sich die hiesigen Kandidaten für die Bundestagswahl kämpferisch und auch die Delegierten im Saal zeigten mit ihrem Beifall, dass sie nicht vorhaben, den Sturm aufs Kanzleramt schon frühzeitig abzublasen. Der Hinweis auf Martin Schulz als Hoffnungsträger für die altbewährte Partei zog sich durch die programmatischen Reden des Parteitags. So griff Matthias Körner auf das Buch »Herr der Ringe« zurück, um Optimismus zu verbreiten. Man müsse nicht »wie Frodo auf dem Weg nach Mordor aussehen«, wenn man für eine starke SPD im Bundestag antritt, sagte der Kandidat für den Wahlkreis Alsfeld/Gießen. Birgit Kömpel fügte an, »es geht ein Ruck durch die Partei«, woran Kanzlerkandidat Schulz großen Anteil hat. »Wir kämpfen für einen echten Politikwechsel« und nicht für eine neue Große Koalition, sagte die Bundestagsabgeordnete für den Wahlkreis Fulda/Lauterbach.
Die Vorbereitung auf die Bundestagswahl stand im Mittelpunkt des Kreisparteitags in Lauterbach, der dennoch auch seine Vogelsberger Themen hatte. Ortsvereinsvorsitzende Conny Hentz-Döring stellte die Schwerpunkte der Lauterbacher SPD vor. So sehe man Kinder, Jugend, Familien und Senioren als besondere Schwerpunkte der Arbeit, dazu das Thema Regionalentwicklung. Eine AG Zukunft nehme sich der Entwicklungen für die nächsten Jahre an.
"Es geht ein Motivationsschub durch die SPD"
Swen Bastian über Kanzlerkandidat Martin Schulz
Wie Kreisvorsitzender Swen Bastian begrüßte sie es, dass Manfred Görig angekündigt hat, zur Landratswahl im September wieder anzutreten. Bastian erinnerte an die Initiative der Vogelsberg-SPD vom Vorjahr, höhere Erlöse für Milchbauern einzufordern. »Es muss mehr in den Taschen der Milchbauern ankommen,« betonte er. Zudem habe man sich der Situation der Polizei gewidmet, die allein im Vogelsberg 25 000 Überstunden vor sich herschiebt. In Hessen seien es sogar 3,5 Millionen Stunden. Es müssten mehr Beamte ausgebildet werden, da tue die schwarz-grüne Regierung zu wenig. Er lud zum Iron-Walk ein, der am 10./11. Juni vom Hoherodskopf nach Alsfeld führt. Mit Blick auf die Bundestagswahl sprach er von einer erfolgreichen Arbeit der SPD in der Großen Koalition. Sigmar Gabriel habe die Partei »in einem Tal der Tränen« übernommen und viel erreicht, darunter den strittigen Mindestlohn, »das verdient großen Respekt«.
Mit großem Interesse lauschten die SPD Delegierten der Vorstellungsrede von Matthias Körner. Der Gießener Gewerkschafter betonte, er trete dafür ein, keinen Jugendlichen auf der Suche nach einer geeigneten Ausbildung zurückzulassen. Er selbst habe keinen akademischen Hintergrund, was er als Bereicherung für die politische Arbeit ansehe. Eine gute Mischung in der Bundestagsfraktion sei wichtig. Dabei könne die SPD an die inhaltlichen Erfolge der vergangenen Jahre anknüpfen. So spreche für sich, wie Arbeitsministerin Andrea Nahles den Mindestlohn sauber in Gesetzeskraft gebracht hat, während Alexander Dobrindt immer noch an der Pkw-Maut herumschusterte.
Das Lob für die aktuelle SPD-Riege in Berlin griff Birgit Kömpel gerne auf. Sie bezeichnete sich sogar als »bekennenden Sigmar-Fan«. Denn Gabriel sei einer der großen Parteivorsitzenden, auch wenn seine Verdienste oft nicht gewürdigt wurden. Er habe es nach einem Wahlergebnis von nur 25% für die SPD geschafft, »70 Prozent des Wahlprogramms umzusetzen«. Wie Bastian kritisierte sie die schlechte Kommunikation Gabriels in Sachen Kanzlerkandidatur. Aber über Martin Schulz war sie voll des Lobs. Er sei ein überzeugter Europäer und einer, der »von ganz unten« kommt. Er wisse, wie die einfachen Leute ticken. Auch ohne Abitur hat er sich nach oben gearbeitet, »dafür stehen wir seit über 150 Jahren, dass jemand das schaffen kann«.
Gegen Rechtspopulisten
Sie forderte die Delegierten auf, sich entschlossen gegen Rechtspopulismus zu stellen. Diese stünden für eine Politik, mit der »die Zukunft unserer Kinder verraten und verkauft wird«. Mit Hinweis auf das Wahlergebnis der AfD meinte sie, »die sind nicht das Volk – das sind die anderen 85 Prozent«. Sozialdemokraten müssten klare Position gegen Hetze in Internet-Medien beziehen. Dass Martin Schulz gegen Angela Merkel antritt, habe Hoffnungen auf einen Politikwechsel in Berlin befeuert. Die SPD wolle nicht eine Neuauflage der GroKo, sondern stehe für »gerechte Renten, gegen eine Zwei-Klassen-Medizin, für gleichen Lohn, mehr Mitsprache in Unternehmen und eine gerechte Besteuerung«.