„Kommunal ist nicht egal“: SPD stellte Kandidaten für die Kreistagswahl auf

Vogelsbergkreis (hek). „Die Liste muss keinem Wähler Angst machen, auch wenn sie an Halloween verabschiedet wurde. Sie kann aber den politischen Gegnern das Fürchten lehren.“ Mit diesen markanten Worten beschrieb Unterbezirksvorsitzender der Vogelsberger SPD, Swen Bastian, beim Kreisparteitag am Samstagnachmittag im Dorfgemeinschaftshaus Zell die Kandidatenliste für die Kreistagswahl am 6. März 2016. Mit deutlicher Mehrheit sprachen sich die Delegierten für die Liste aus, die vom Fraktionsvorsitzenden im Kreistag, dem Mücker Bürgermeister Matthias Weitzel, angeführt wird. Zuvor hatte Landrat Manfred Görig in seinem Referat „Vogelsberg weiter aufwärts“ ein positives Resümee der vergangenen drei Jahre Kreispolitik gezogen und einen optimistischen Ausblick gewagt. Im Rahmen des Parteitages wurde zudem Romrods Ehrenbürgermeister Rudi Marek mit der Willy-Brandt-Medaille, der höchsten Ehrung der SPD, ausgezeichnet.

Einen großen Anteil von Görigs Rede nahm die aktuelle Flüchtlingssituation ein, bei der er sein Gefühl ausdrückte, dass „Berlin mit der Lage überfordert ist“. Denn das „Einfach-weiter-so“ könne ebenso wenig ein Plan sein, wie die Diskussion, ob Afghanistan zum sicheren Herkunftsland erklärt werden solle. „Es kann nicht sein, dass wir immer noch Waffen in Krisengegenden liefern“, kritisierte der Landrat, es aber keine finanzielle Unterstützung der „Länder am Eingang zu Europa“ oder für das Flüchtlingswerk der Vereinten Nationen, das riesige Flüchtlingslager in der Türkei betreue, gebe. „Wenn Europa funktionieren soll, ist das das Erste, was man machen muss“, forderte Görig.

Die Ressourcen der ehrenamtlichen und freiwilligen Helfer im Kreis seien endlich, „Wir haben gemacht, was wir können“, stellte er mit Blick auf die Zahl der Flüchtlinge fest, die der Kreis aufgenommen hat und die bis zum Frühjahr des kommenden Jahres auf fast 3000 Menschen ansteigen könne. Und auch die anstehenden Aufgaben der Integration erforderten enormes Personal und Mittel, sodass er anregte, angesichts der Herausforderung die „schwarze Null“ im Bundes- und Landeshaushalten erst später zu erreichen. Görig verwies aber auch darauf, dass in „den Menschen die kommen, eine Chance für die Region liegt, den Fachkräftemangel zu lösen“.

Im weiteren Verlauf zog Görig zufrieden Bilanz der Arbeit der Kreiskoalition seit 2012. Von den Verbesserungen im Bereich der Kindertagespflege, über den kreisweit flächendeckenden Ausbau der schulbezogenen Jugendsozialarbeit, die Sportförderung, den Aufbau des Weiterbildungsverbundes für Mediziner bis zur guten wirtschaftlichen Entwicklung reichte der Bogen, den der Landrat schlug. Auch bezüglich der Zukunft des Kreiskrankenhauses in Alsfeld ist Görig optimistisch. „Es gibt eine ganze Zahl an Angeboten“, fasste er den Stand nach der Suche für einen Partner zusammen. Wobei er deutlich machte, dass mit dem potenziellen Partner „die Grundversorgung in Alsfeld sichergestellt sein muss, die Arbeitsplätze hier erhalten bleiben und das Haus wirtschaftlich vor Unbill gefeit sein muss“. Eine Entscheidung über ein Zusammengehen mit „einem großen Maximalversorger“ werde aber erst nach der Kommunalwahl fallen, auch wenn das Land die Diskussion, „was mit dem Zuschuss von zehn Millionen Euro geschehen soll, neu führt“.

Auch im Bereich Breitbandversorgung geht Görig von einem Baubeginn 2016 aus und rechnet damit, dass „2018 Breitband in jedem Dorf im Vogelsberg liegt“. Jetzt liege es nur noch am Bürgschaftsprogramm des Landes, ob „wir die Kredite aufnehmen können“. Görig hofft hierbei auf eine Zusage bis Ende des Jahres.

Angesichts dieses Resümees rief Görig den Delegierten zu, dass „wir mit erhobenem Kopf in die Kommunalwahl gehen können, denn was wir seit 2011 erreicht haben, hat auch eine Zukunftsperspektive“.

Bereits die Grußworte des parlamentarischen Geschäftsführers der Landtagsfraktion, Günther Rudolph, und des Bundestagsabgeordneten Rüdiger Veit hatten gezeigt, dass die Kommunalwahl „unter neuen Rahmenbedingungen stehen wird“, wie Rudolph mit Blick auf die Flüchtlingsthematik attestierte. Eine Seite sei die enorme Hilfsbereitschaft, „das ist das Herz der Demokratie“, die andere Seite bildeten diejenigen, „die wieder eine Mauer errichten wollen“. Das sei im 25. Jahr der Deutschen Einheit ein Unding. „Wir müssen den Rechtspopulisten entgegenhalten und klar machen, dass es keine einfachen Lösungen gibt, wenn Menschen in Not sind“, betonte Rudolph. Veit verwies auf Zahlen. So habe Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg zwischen zwölf und 16 Millionen Flüchtlinge integriert und zwischen 1950 und 2014 seien sogar 40 Millionen Menschen nach Deutschland gekommen. „Die Menschen, die jetzt kommen, flüchten aus dem allergrößten Elend, da gibt es keine Obergrenze“, stellte der Bundestagsabgeordnete heraus. „Die Aufnahme ist unsere humanitäre und juristische Verpflichtung.“ Für Rudolph ist es allerdings „verantwortungslos, dass das Land die Schwierigkeiten auf die Kommunen abwälzt“ und diese dann noch um eine Kostenerstattung kämpfen müssten. „Die Kommunen dürfen auch mit den Aufgaben der Integration derer, die bleiben werden, nicht allein gelassen werden“, forderte der Landtagsabgeordnete. Dies gelte aber auch bei einer ausreichenden Finanzausstattung der Kommunen allgemein und der Bildungspolitik. „Kommunal ist nicht egal“, sagte er und forderte, die Kommunalwahl auch zu einem Entscheid darüber zu machen, „was der Staat noch leisten will“.

Die „ausgewogene Liste für die Kreistagswahl“, wie sie Bastian bezeichnete, wird von Matthias Weitzel angeführt. Sie sei ein „Angebot an den Wähler, das zeigt, dass die SPD flächendeckend über neue junge Bewerber verfügt, ohne die erfahrenen Mitstreiter zu vernachlässigen“.

Zum Abschluss des Parteitages wurden mit Kurt Stiehler aus Mücke und Rudi Marek zwei langjährige Kommunalpolitiker geehrt. Stiehler, der von 1997 bis 2001 im Kreistag saß und seit 2001 bis jetzt Mitglied des Kreisausschusses ist, kandidiert bei der kommenden Wahl nicht mehr und wurde mit einem Präsent verabschiedet. Für Marek dagegen gab es die höchste Parteiehrung der Genossen, die Willy-Brandt-Medaille. „Er ist für mich der Idealtypus eines sozialdemokratischen Bürgermeisters, der immer sachlich, aufrichtig ist und das Gespräch mit den Menschen gesucht hat“, lobte Bastian. Auch deswegen werde er mit der Medaille ausgezeichnet, die den Parteimitgliedern vorbehalten sei, die sich um die SPD verdient gemacht haben und die sozialdemokratischen Ideale mit Leben erfüllt haben.

Marek ist 1972 in die SPD eingetreten, war von 1973 bis 1987 Stadtverordneter in Romrod und von 1987 bis 2004 Bürgermeister in Romrod. Bescheiden dankte Marek für die Auszeichnung und verwies dabei auf seine drei Maximen: „Man muss tun, nicht viele Worte machen“, „ich habe mich bemüht“ und „nimm dich nicht so wichtig“.

Die ersten Zehn
Nach Matthias Weitzel aus Mücke folgen auf den ersten zehn Listenplätzen Schottens Bürgermeisterin Susanne Schaab, Swen Bastian aus Alsfeld, die Lauterbacherin Claudia Blum, Wartenbergs Rathauschef Dr. Olaf Dahlmann, Jürgen Ackermann (Grebenau), Elisabeth Hillebrand (Schlitz), Hans-Jürgen Herbst (Lautertal), Magdalena Pitzer (Gemünden) und Heinrich Raab (Kirtorf).