Ein Herzstück der deutschen Industrie – Flachstahlwerk Salzgitter

Die diesjährige Herbstfahrt der Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen in der SPD Vogelsbergkreis (AfA) hatte ein Herzstück der deutschen Industrie als Ziel. Das Flachstahlwerk Salzgitter mit eigener Hochofenverhüttung wurde von der Reisegruppe im Dauerregen angefahren. Die Stimmung hellte sich auf, als nach Erreichen der norddeutschen Tiefebene die Sonne mit schönstem Herbstwetter ein stilvolles Frühstück am Bus ermöglichte. Gut gestärkt erreichte die AfA das Besucherzentrum in Salzgitter. Schon von Weitem hatte sich der riesige Komplex mit seinen Hochöfen, Kraftwerken und Industriehallen angekündigt.

Seitens der Werkleitung wurden die Teilnehmer von einem beispielhaft freundlichen Vertreter empfangen. In seiner verbindlich, kompetenten Art führte er die Besuchergruppe im Besucherzentrum mit Hilfe eines eindrucksvollen Filmes in die Produktionsabläufe des Konzerns ein. Vom Brauneisenstein bis zum fertigen Walzstahlblech solle die Führung durch das Werk gehen.

Auf Grund der weiträumigen Ausdehnung des Werkes von über 50 Quadratkilometer musste der Bus zur Bewältigung der Wege im Werksgelände mit hinzugezogen werden. Auf der Fahrt durch die von einem engmaschigen Schienennetz durchzogene Flächen zwischen den einzelnen Werkshallen konnten die Anlieferung der Rohstoffe, wie Brauneisenstein, der heute überwiegend aus Schweden aber auch mit beträchtlichen Mengen aus Australien, Südafrika und Brasilien kommt, Steinkohle aus Kanada und China und sortierter Schrott aus der ganzen Welt bestaunt werden. Die hohen Gewichte der Rohstoffe machen einen Transport per Schiene notwendig.

Die erste Station in der Herstellung des Roheisens war die werkseigene Kokerei. Aus der Steinkohle wird Koks für den Hochofen und Koksgas für den Energiebedarf im Werk hergestellt. Ein eigenes großes Kraftwerk liefert die benötigte Energiemenge als Strom und Wärme. Besonderen Wert legt die Salzgitter AG auf einen sparsamen Energieverbrauch, der durch Wiederverwendung und Energiekreislauf sichergestellt wird.

Gigantisch und überwältigend war der Besuch am Fuße eines der modernen Hochöfen. Mit sprachlosem Staunen konnten die Besucher einen Hochofenabstich in unmittelbarer Nähe erleben. Rot glühendes Eisen schoss funkensprühend in eine ausbetonierte Abflussrinne, wurde von der flüssigen Schlacke getrennt und in große Transportkübel verbracht. In silbernen Schutzanzügen arbeiteten die Hochofenarbeiter am Spundloch, holten mit langen Schöpfwerkzeugen Proben aus der glühenden Masse und regulierten den Eisen und Schlackenfluss. Staunend vernahmen die Vogelsberger Besucher, dass die Hochöfen ständig brennen müssen und eigentlich nie ausgehen dürfen. Diese Notwendigkeit bedingt an allen Tagen der Woche einen rund um die Uhr gesicherten Arbeitereinsatz im anstrengenden Schichtbetrieb. Mit rund 8000 Beschäftigten stellt die Salzgitter AG ein wichtiges Arbeitsplatzangebot zur Verfügung. Durch die Konzentration der gesamten Forschungs- und Entwicklungsabteilung am Standort Salzgitter werden hochqualifizierte Arbeitnehmer benötigt. Durch die Nähe der Hochschulen in Braunschweig und Hannover kann ein intensiver Austausch gepflegt werden.

Auch die Weiterverarbeitung des erzeugten Roheisens im Stahlwerk konnte besichtigt werden. Durch Zugabe von Legierungsstoffen und Entzug von Kohlenstoff durch gezielten Sauerstoffeinsatz entstand aus dem Roheisen der jeweilige Rohstahl. Über eine schier unendliche Gitterbrücke parallel zur Walzstraße war jeder Bearbeitungsschritt hautnah zu erleben. Riesige Schmiedewerkzeuge verdichteten die Roheisenblöcke mit einer Kraft von 50 Tonnen in mehreren Abschnitten hintereinander. Große Walzen mit einer hohen Präzision und bei sehr hohen Geschwindigkeiten formten aus einen ca. 4 Meter langem Block eine Stahlblechschlange von etwa 2000 Meter. Danach wurden die fertigen Stahlbleche von riesigen Haspeln zu transportablen Stahlrollen aufgerollt und abgeschnitten. Haushohe Transportkräne transportierten die bis zu 55 Tonnen schweren Stahlrollen zum Versandlager. Von hier aus gehen sie zur weiteren Verarbeitung per Schiene, Binnenschiff oder LKW zu den jeweiligen Industriebetrieben.

In der anschließenden Abschlussbesprechung bedankte sich der Vorsitzende der AfA Vogelsberg Bernhard Bender mit einem kleinen Präsent für die imposante Führung. "Wer heute nicht an unserer Herbstfahrt teilgenommen hat, hat etwas versäumt, das er vielleicht nur einmal im Leben sehen kann", fasste Bender zusammen. Viel Gesprächsstoff lieferten die Eindrücke aus der Werksbesichtigung auf der Heimfahrt im Bus. Alle bestätigten die so nicht erwartete Größe und Komplexität der Stahlherstellung. Den Tagesabschluss bildete das gemeinsame Abendessen in heimischer Umgebung in Alsfeld.