Höhere Steuer »tut richtig weh«

Alsfeld (jol/kl). Es war eine überraschend gute Diskussion über das Reizthema Alsfelder Haushalt mit Steuererhöhungen. Auf Einladung von SPD und ALA befassten sich über 30 Alsfelder mit einer schwierigen Abwägung. Denn zur Debatte steht, die Grundsteuer zu erhöhen, wie von Bürgermeister Stephan Paule vorgeschlagen, um so das Defizit in den Griff zu bekommen, oder die Gewerbesteuer auf dem aktuellen Stand zu halten, weil die Unternehmen aus ihren Gewinnen auch etwas zur Konsolidierung beitragen sollen. Die Veranstaltung war am Donnerstag im Marktcafé.

Das Dilemma ist, dass die Stadt auf einem Schuldenberg von gut 50 Millionen sitzt und in den Vorjahren ein bis zwei Millionen neue Schulden aus dem laufenden Betrieb dazu packte. Gerade dieses jährliche Finanzloch hatte das Stadtparlament dazu veranlasst, für den Haushalt des laufenden Jahres Grundsteuer und Gewerbesteuer gleichermaßen anzuheben. Nun schlug Paule vor, die Gewerbesteuer ein Stück zu senken und dafür die Grundsteuer deutlich anzuheben. Das ist umstritten, weil SPD-ALA im Stadtparlament vor Monaten eine stärkere Anhebung der Gewerbesteuer durchgedrückt haben, darin sehen Paule und CDU ein Hemmnis, wenn man Unternehmen ansiedeln will.

Es gibt aber noch eine weitere Sicht auf die Zwickmühle, wie Karsten Schmidt erläuterte. Der Rechtsanwalt arbeitet für den Mieterverein Alsfeld und weiß, dass viele seiner Klienten eine Anhebung der Grundsteuer schmerzhaft bei der Miete spüren würden. Ein Besucher erinnerte zudem an ältere Bewohner von Hofreiten in den Ortsteilen, die über ihre großen Grundstücke besonders zur Kasse gebeten werden. In der Diskussion unter Moderation von Joachim Legatis von der Alsfelder Allgemeinen Zeitung fügte Michael Riese (ALA) an, dass die Grundsteuer eine sichere Einnahmequelle für die Stadt sei. Die Gewerbesteuer sei abhängig vom Gewinn des Unternehmens und schwanke deshalb. Die Kommunen bekämen nicht genug Geld aus dem allgemeinen Steueraufkommen, die hohe Verschuldung der Stadt sei aus eigener Kraft nicht zu bewältigen.

SPD-Fraktionsvorsitzender Swen Bastian forderte, den richtigen Mix zwischen Grundsteuer und Gewerbesteuer aus dem aktuellen Haushalt beizubehalten. Es bestehe keine Notwendigkeit, die Grundsteuer nochmals anzuheben und die Gewerbesteuer wieder zu senken. Die CDU in Bund und Land lehne vehement Steuererhöhungen für Reiche ab, zwinge aber die Kommunen, die Grundsteuern zu erhöhen, das sei ungerecht.

Höhere Steuern für alte Häuser

Ein Besucher verwies darauf, dass Unternehmen ihre Entscheidungen über Ansiedlung nicht allein von der Höhe der Gewerbesteuer abhängig machen. Es gehe auch um das Wohnumfeld und gute Infrastruktur. Eine Besucherin setzte dem entgegen, dass Unternehmen die Steuersätze vergleichen. Für die Ansiedlung von Betrieben sei ein niedriger Steuersatz besser. Bastian wandte ein, dass die Post ein Verteilzentrum errichte, trotz des erhöhten Gewerbesteuersatzes. Alexander Heinz (CDU) warb für Entgegenkommen gegenüber Unternehmen, um Arbeitsplätze in der Stadt zu bringen. Durch Expansion und Ansiedlung von Unternehmen wie CEKA, Kamax und Krause habe es vor Jahrzehnten Aufschwung gegeben. Er vermisste einen konstruktiven Ansatz, wie Schulden abgebaut werden können.

Ein Gewerkschafter wandte ein, dass eine erhöhte Grundsteuer die einfachen Leute besonders treffe. Da würden schon vermeintlich geringe Anhebungen »richtig weh tun«. Das bestätigte Rechtsanwalt Schmidt, weil Grundsteuer als Betriebskosten gewertet werden. Eine höhere Grundsteuer gebe der Eigentümer einfach weiter.

Ein Extra-Problem stellt sich für Besitzer alter Häuser. Sie zahlen bislang nur geringe Grundsteuern, weil der Einheitswert des Hauses niedrig angesetzt ist. Wie Riese erläutert, gebe es da aber eine Neuerung, weil dem Bund gerichtlich aufgetragen wurde, den Einheitswert für Altbauten anzuheben. Und davon gibt es gerade im Vogelsbergkreis ausgesprochen viele.