Görig droht mit Klage

VOGELSBERGKREIS (jol). Überraschung für Sozis: Ein parteiloser Bürgermeister wurde zum vehementesten Fürsprecher dessen, was die Vogelsberger SPD am Samstag geschlossen forderte: Mehr Geld für die Kommunen im ländlichen Raum. Sebastian Stang, Verwaltungschef in Grebenhain, wandte sich in seinem Grußwort gegen Phrasen und wenig Hilfe vom Land, »vorne liegt ganz schön weit weg, wenn man hinten steht.«

Landrat Manfred Görig hieb beim Kreisparteitag der SPD in dieselbe Kerbe. Der Kreis habe das laufende Defizit im Haushalt deutlich abgebaut und dennoch für Wirtschaftswachstum gesorgt. Nun müsse das Land die kommunale Ebene entlasten, statt wie bei der Flüchtlingsversorgung Kosten abzuwälzen. Das zentrale Thema des Unterbezirksparteitags waren die kommunalen Finanzen. Das Land müsse mehr Geld an die Kommunen geben, sonst müssten die Städte und Gemeinden die Steuern weiter nach oben schrauben. Das sei die Alternative für Hessen, so Kreisvorsitzender Swen Bastian.
Landrat Görig wies auf die anstehende Änderung beim Kommunalen Finanzausgleich hin. Wenn die Kommunen es nicht schaffen, da ihre Anliegen unterzubringen, »dann gelingt das nicht für viele Jahre«. 41,7 Prozent aller Kassenkredite bundesweit entfallen auf hessische Kommunen, das zeige die Not vor Ort auf. Die Schieflage der Landkreise gebe es schon über viele Jahre. Aber: »Ich habe die große Befürchtung, dass das, was das Land auf den Weg gebracht hat, uns nicht weiter bringt.« Das Land verteile die Mittel aus dem KFA nach der Einwohnerzahl, nicht nach dem Bedarf. Es gebe rund 3000 Pflichtaufgaben der Kommunen, wenn das Land diese als Grundlage für die Zahlungen ansetzen würde, müsste es mehr Geld zahlen. Es sei unklar, wie das Land dem Bedarf der Kommunen nun errechnet hat, so Görig.
»Wenn wir zu den Verlierern bei der Berechnung gehören, werden wir den Gang zum Staatsgerichtshof gehen.« Der Vogelsbergkreis habe sein Defizit von 14 auf 7,6 Millionen Euro reduziert, und davon betreffen 2 Mio. das Kreiskrankenhaus. »Wir haben viel bewegt,« so Görig stolz. Das Land zwinge Kommunen, alle Gebühren so hoch zu setzen wie es nur geht. Dann soll der Kreis über die Kreisumlage davon profitieren – »das kann nicht sein«. Positiv sei die geringe Arbeitslosenquote von 3,9%. Bei Ausbildungsplätzen gebe es eine Steigerung von 15,9% im Vergleich zum Vorjahr. Dabei müssten alle Jugendliche eine Chance erhalten, auf dem Hintergrund sei die Jugendsozialarbeit wichtig. »Das wichtigste sind Arbeitsplätze, da bleiben wir auch dran.« Zur Entwicklung der Region wird die Versorgung mit Breitband-Internet ausgebaut. In den nächsten Wochen werde ein Interessenbekundungsverfahren durchgeführt, um die Kosten festzustellen. Das Stammkapital der neuen Breitbandgesellschaft werde bei rund 10 Millionen liegen, daran sei auch die OVAG beteiligt. »Wir werden alle weißen Flecken im Vogelsberg beseitigen.«
Görig sprach sich gegen die Stromtrasse SuedLink durch den Vogelsberg aus, bereits jetzt trage der Kreis 30 Prozent der Energiewende. »Wir erzeugen dezentral Energie im Kreis, wir brauchen keine SuedLink.« Von den Ausgleichszahlungen für Windenergie gingen nur 2% in die Gegend, der Rest werde verwendet um in Offenbach Bäume zu pflanzen. Lob hatte Görig für die Betreuung von Flüchtlingen in den Kommunen. Der Landkreis lege da 1,5 Millionen drauf, für diese staatliche Leistung müsse eigentlich das Land zahlen. Fazit: Die Koalition im Kreis sei auf einem guten Weg, nachdem die Vorgängerkoalition vieles ausgesessen habe.
Bürgermeister Sebastian Stang sah kaum Gestaltungsraum in kleinen Gemeinden zwischen Schuldenbremse und demografischem Wandel. Das Land zwinge die Gemeinden, die Haushalte zu sanieren, »koste es was es wolle«. Die Einkommen im Vogelsberg liegen im unteren Bereich, vielen Familien täten sich schwer mit höheren Steuern. Es sei Pflicht der Bürgermeister kostendeckende Gebühren in die Parlamente einzubringen – das mache keine Freude. Neben Altersarmut sei inzwischen Kinderarmut in der Gemeinde ein Thema, so Stang. Der Vogelsberg sei ein »großer Garten«, die Gemeinden erbringen viele Leistungen für die Natur in Europa und das kostenlos. Es müsste eigentlich einen Flächenausgleich vom Land geben, denn eine Gemeinde wie Grebenhain habe viele Ortschaften, die eine teure Infrastruktur mit mehreren Kläranlagen erfordern. »Ich würde mir wünschen, dass Bund und Land neben Phrasen und ins Leere laufenden Förderprogrammen beim Breitbandausbau endlich mal Geld bereitstellt. « Und bei der Windkraft müsse es einen Ausgleich dafür geben, dass Vögel geschützt werden, und dafür keine Windparks entstehen, die der Gemeinde Geld bringen können. Für sein Plädoyer erhielt Stang sehr starken Applaus.

Beschlüsse beim Parteitag:
Resolution zu Kreisfinanzen – Einstimmig verabschiedete der SPD-Parteitag eine Resolution zu den Kommunalfinanzen. Darin wird gefordert, die Kommunen endlich hinreichend mit den Geldern auszustatten, die für gleiche Lebensqualität im ganzen Land nötig sind. Mehr Geld für Kinderbetreuung, da die Standards vom Land verändert, aber die Mittel gekürzt wurden. Die Leistungen des ländlichen Raums für sauberes Wasser, reine Luft und Erholungsräume der Städter sollten bei der Verteilung der Steuergelder vom Land berücksichtigt werden. Beschlossen wurde bei drei Gegenstimmen auch eine Neuordnung der Beitragsverteilung, um die Kreisgeschäftsstelle zu stärken. Jol