
Sehr geehrter Herr Vorsitzender Heilbronn,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
ein bekanntes deutsches Sprichwort lautet: Was lange währt, wird endlich gut. Das trifft leider nicht auf den ersten Haushalt von Bürgermeister Stephan Paule zu. Vollmundig angekündigt zur Verabschiedung für Dezember des letzten Jahres, haben wir mittlerweile den 8. Mai 2014 und sind damit bereits recht fortgeschritten im Haushaltsjahr.
Lassen Sie mich mit einem Blick auf die Rahmendaten beginnen: Der letzte Haushalt des Jahres 2013 verzeichnete Aufwendungen im Ergebnishaushalt von 26.412.067 Euro. Der heute zur Abstimmung vorgelegte Haushaltsplan 2014 des Bürgermeisters sieht Aufwendungen von 26.686.869 Euro im Ergebnishaushalt vor. Das bedeutet, dass es trotz der von Bürgermeister Paule für sich in Anspruch genommenen Konsolidierungsmaßnahmen der Verwaltung im Vergleich zum Vorjahr eine Steigerung der Aufwendungen von fast 275.000 Euro im ordentlichen Ergebnis gibt. Die Stadt wird also 275.000 Euro mehr ausgeben als im vergangenen Jahr.
Und das, obwohl nach dem Willen des Bürgermeisters Bauunterhaltungsmaßnahmen von fast 100.000 Euro verschoben werden sollen, was im Widerspruch zu den Aussagen von Stephan Paule steht, dass der Erhalt der Infrastruktur in Alsfeld für Ihn höchste Priorität habe.
Der Ausgleich des Haushaltes gelingt nur, weil der Bürgermeister – ganz nach den Vorgaben des Knebelerlasses von CDU-Innenminister Beuth – durch die drastische Anhebung der kommunalen Steuern die Erträge, sprich die Einnahmen der Stadt, erhöht. Dies soll in erster Linie auf dem Rücken der Grundstückseigentümer in Alsfeld erfolgen, was nicht die Zustimmung der SPD findet. Aber dazu später mehr.
Ich will zuerst einige Bemerkungen zu dem Rahmen machen, in dem die Diskussion um den Haushaltsplan 2014 stattfindet: Ganz Hessen spricht über das sogenannte Alsfeld-Urteil. Nur der Bürgermeister von Alsfeld und die ihn unterstützenden Fraktionen tun dies nicht. Nach unserer kommunalen Grundrechtsklage wurde vom Staatsgerichtshof des Landes Hessen festgestellt, dass die Entnahme von 344 Millionen Euro pro Jahr aus dem Kommunalen Finanzausgleich (KFA) durch die CDU-geführte Landesregierung ohne die tatsächliche Feststellung des kommunalen Finanzmittelbedarfs verfassungswidrig war. Hessens Kommunen haben das höchste Finanzierungsdefizit aller Flächenländer in der Bundesrepublik Deutschland. Der Staatsgerichtshof hat der Landesregierung einen klaren Auftrag zur Neuordnung des KFA aufgegeben. Doch statt mit einer Gesetzgebung schnelle Verbesserungen der kommunalen Finanzsituation einzuleiten, gibt der CDU-Innenminister den sogenannten Herbsterlass heraus, der die defizitären Kommunen dazu zwingen soll die Einwohner stärker finanziell zu belasten.
Und was passiert zeitgleich in Alsfeld? Anstatt gegen diese falsche Politik des Landes offensiv die Stimme zu erheben und für Alsfelder Interessen zu streiten, möchte der CDU-Bürgermeister den CDU-Erlass mustergültig umsetzten. Keine Kritik am Gebaren der Landesregierung durch den Bürgermeister, die CDU, UWA und die FDP. Stattdessen erleben wir schon heute Prophezeiungen von dieser Seite, dass die Grundsteuer im nächsten Jahr wieder angehoben werden müsse, wenn die Vorschläge von SPD und ALA beschlossen würde.
Ich sage Ihnen eines in aller Deutlichkeit, liebe Kolleginnen und Kollegen: Wenn die Grundsteuer im nächsten Jahr wieder angehoben werden muss, was nicht ausgeschlossen ist, dann liegt das einzig und allein daran, dass die Landesregierung – ohne ein Wort der Kritik des Bürgermeisters aus Alsfeld – weiterhin eine kommunalfeindliche Politik verfolgt, die gegen die Interessen der Stadt Alsfeld verstößt.
Der Herbsterlass wird zu einer Grundsteuererhöhungsspirale für defizitäre Kommunen führen, da er eine Anhebung der Steuern um mindestens 10% über den Landesschnitt der jeweiligen Größenklasse der Kommune fordert. Und wenn alle erhöhen, dann erhöht sich selbstverständlich auch der Landesschnitt. Im nächsten Jahr muss deshalb entsprechend dieser Logik die nächste Erhöhung über den angestiegenen Landesschnitt folgen.
Angesichts dieser schwierigen Situation, hervorgerufen von der CDU auf Landesebene und kritiklos hingenommen von deren örtlichen Vertretern, könnte sich die SPD einen ganz schlanken Fuß machen und die Verantwortung für den Haushalt 2014 allein dem Bürgermeister und seiner Partei zuschieben.
Genau das tun wir aber nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen. Die SPD stellt sich Ihrer Verantwortung. Wir machen Vorschläge für einen besseren, gerechteren Haushalt 2014. Ich sage eines ganz klar: Diese Erwartung habe ich auch an alle anderen Fraktionen in diesem Haus. Sollte es dabei bleiben, dass CDU und UWA, wie im Haupt- und Finanzausschuss am Dienstag, den ersten Haushalt ihres Bürgermeisters ablehnen, dann riskieren sie damit nicht nur Handlungsunfähigkeit und Stillstand in Alsfeld, sondern demonstrieren damit ebenfalls eindrucksvoll, dass sie politische Spielchen über eine verantwortungsvolle und gemeinwohlorientierte Politik für die Stadt Alsfeld stellen.
Kommen wir zu den Änderungsanträgen der SPD zum Haushalt: Hier ist zuerst natürlich die von uns geplante Änderung bei den Hebesätzen der Kommunalen Steuern zu nennen, über die in der Presse bereits ausführlich berichtet wurde. In Abweichung vom Haushaltsplanentwurf des Bürgermeisters möchten wir den Hebesatz für die Grundsteuer A und die Grundsteuer B auf 485 v.H. senken, statt der 560 v.H., die Bürgermeister Paule hier gerne erheben möchte. Weiterhin wird der Hebesatz für die Gewerbesteuer auf 425 v.H. festgesetzt, statt 399.
Grundlage dieses Vorschlags ist eine ausgeglichene und maßvolle Balance zwischen Grundsteuer und Gewerbesteuer in Alsfeld. Unser Vorschlag hat das Ziel die Unternehmen nicht zu überfordern, denn auch sie profitieren von der Reduzierung des Grundsteuerhebesatzes. Hierzu wenige Zahlen die das besonders gut verdeutlichen: Berechnet man die Mehrbelastung der Gewerbesteuer nach unserem Vorschlag, so ergibt sich für Gewerbetreibende bei einem Gewinn von 50.000 Euro eine Mehrbelastung von 312 Euro. Bei einem Gewinn von 100.000 Euro sind es 687 Euro Mehrbelastung. Die von SPD und ALA vorgeschlagene Erhöhung der Gewerbesteuer um 35 Punkte bedeutet eine prozentuale Anhebung von 9%. Vor dem Hintergrund der geplanten Erhöhung der Grundsteuer von Bürgermeister Paule auf 560 Punkte, die einer prozentualen Erhöhung von 47% entsprechen würde, ist das gegenüber den Gewerbetreibenden durchaus vertretbar.
Unser Vorschlag entlastet alle Haushalte in Alsfeld finanziell, egal ob Mieter oder Hauseigentümer, im Vergleich zum teureren Vorschlag des Bürgermeisters. Eine zu drastische Anhebung der Grundsteuer, wie vom Bürgermeister geplant, ist aus Sicht der SPD besonders problematisch, weil der Druck auf die Kosten des Wohnens in Alsfeld steigt. Es wird teurer; Alsfeld wird damit für alle Menschen unattraktiver. Es kommt zu einer Verstärkung der Gefahr zunehmenden Leerstands und unverkäuflicher, da in der Unterhaltung teurer, Immobilien. Damit steigt auch die Gefahr sogenannter Schrottimmobilien. Das ist das Gegenteil dessen, was der Bürgermeister sich mit der Verschönerung der Stadt und einer Stärkung der Kerne auf die Fahnen geschrieben hat.
Die Grundsteuer ist auch sozial ungerecht, da sie lediglich den Besitz besteuert, ohne auf die Einnahmesituation der Steuerpflichtigen Rücksicht zu nehmen, egal ob bei Privatpersonen oder Gewerbetreibenden. Durch eine hohe Grundsteuer entsteht Druck auf Wegzug beziehungsweise eine Verminderung des Zuzugs. Auch das ist das Gegenteil von dem, was die CDU mit dem Baukindergeld vorgibt erreichen zu wollen.
Eines möchte ich besonders hervorheben: Der Bürgermeister und die CDU bemühten in der Diskussion rund um den Haushalt wiederholt die Glaskugel um zu prophezeien, dass die Gewerbesteuer durch ihre Schwankungsabhängigkeit ein großes Risiko darstellt. Das widerspricht zum einen der Vorbemerkung des Bürgermeisters in seinem eigenen Haushalt, denn auf Seite 20 führt er dazu aus, dass anhand der Orientierungsdaten von einem weiteren Anstieg der Gewerbesteuer ausgegangen wird.
Weiterhin sieht es bei der als sicher verkauften Alternative von Bürgermeister und der CDU keineswegs besser aus. Eine Anfrage von SPD und ALA an die Verwaltung hat gezeigt, dass aktuell 428 Grundsteuerpflichtige in Alsfeld, privat und gewerblich, ihrer Zahlung nicht nachgekommen sind. Der Stadt Alsfeld fehlen dadurch 186.000 Euro. Durch die drohende Verjährung der Forderungen muss, laut Verwaltung, ein Teil davon sogar ganz abgeschrieben werden. Durch die von der Verwaltung in diesen Fällen vorgenommene Vollstreckung, etwa in bewegliche und unbewegliche Güter der rückständigen Steuerzahler, entstehen der Stadt Alsfeld im Bereich der Grundsteuer jährlich noch einmal zusätzliche Kosten von 10.000 Euro. Und das bei dem aktuellen Satz von nur 380 Punkten. Ich frage Sie, wie soll das erst bei einem vom Bürgermeister geplanten Grundsteuersatz von 560 Punkten aussehen?
Als zweites beantragen wir einen Interventionstopf zur Förderung finanziell benachteiligter Kinder, Jugendlicher und Familien aus Alsfeld, für den 20.000 Euro in den Haushaltsplan 2014 eingestellt werden soll. Zur Finanzierung wird der Ansatz für Aufwendungen der Öffentlichkeitsarbeit beim Fachbereich ST1 entsprechend reduziert, denn es ist nicht einzusehen, weshalb sich die Stadt Alsfeld eine Image-Broschüre für sage und schreibe 17.000 Euro leisten sollte. Der Vorschlag der CDU zur Gewährung eines Baukindergelds ist zwar löblich, aus unserer Sicht aber nicht sonderlich effektiv. Die SPD ist sich sicher, dass mit weniger Geld an anderer Stelle mehr erreicht werden kann, wenn dieses passgenau für konkrete Bedürfnisse von Kindern, Jugendlichen und Familien in Alsfeld eingesetzt wird. Aus dem sozialen Interventionstopf können unter anderem Zuschüsse zur Mittagsverpflegung von Kindern in der U3-Betreuung und im Kindergarten gewährt werden. Auch die Busfahrtkosten für finanziell benachteiligte Kindergartenkinder und Familien können ebenso daraus finanziert werden wie Teilnahmegebühren und Eintrittsgelder für Ferienfreizeiten und Kindergartenausflügen.
Unser dritter Antrag fordert eine Stellenbesetzungssperre für unbesetzte und frei werdende Stellen der Verwaltung. Um sich aktiv um die Personalsituation bei der Stadtverwaltung in Alsfeld kümmern zu können, hält die SPD das Instrument der Stellenbesetzungssperre für angemessen, um den Mitgliedern der Stadtverordnetenversammlung Mitsprache- und Mitentscheidungsmöglichkeiten über die notwendige Besetzung von Personalstellen zu eröffnen. Durch eine intensive, transparente und zeitnahe Befassung der Stadtverordnetenversammlung mit geplanten Ausnahmen von der Stellenbesetzungssperre verbindet sich die Chance, die beste Lösung für den jeweiligen Einzelfall gemeinsam zu suchen und auf den Weg zu bringen. Es ist ausdrücklich nicht unser Ziel die ohnehin angespannte Personalsituation in der Stadtverwaltung durch die Stellenbesetzungssperre zu verschärfen. Gerade im gemeinsamen Dialog entstehen oft die besten Ideen, um die Stadtverwaltung bei optimalem Einsatz von Personal bestmöglich für die Aufgaben und Herausforderungen aufzustellen. Auf der Grundlage von Vorschlägen des Magistrats zu notwendigen Ausnahmen der Stellenbesetzungssperre kann die Stadtverordnetenversammlung über die notwendigen Schritte beschließen.
Weiterhin beantragen wir einen Sperrvermerk für sämtliche Ausgaben in Zusammenhang mit dem geplanten Neubau eines Feuerwehrstützpunkts. Angesichts der zahlreichen noch ungeklärten Fragen im Zusammenhang mit dem Bau, empfiehlt sich ein Sperrvermerk für alle relevanten Ausgabepositionen im Haushalt 2014. Dadurch kann sichergestellt werden, dass die Stadtverordnetenversammlung als budgetverantwortliches Gremium die volle Kontrolle über sämtliche Ausgaben behält und gegebenenfalls offene Fragen vorab umfassend thematisiert und geklärt werden können, bevor Haushaltsmittel verausgabt werden.
Unser letzter Antrag zum Haushalt sieht Einsparung beim Sachkonto 6869000 vor. Die Erhöhung der Haushaltsposition von ursprünglich 4.275 Euro auf 6.600 Euro im Entwurf des Bürgermeisters wird unter anderem mit gestiegenen Aufwendungen für Nachrufe begründet. Die Verwaltung hat in der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses am 6. Mai allerdings mitgeteilt, dass auf Grund des von SPD und ALA in das Haushaltskonsolidierungskonzept aufgenommenen Punkts die Kosten für Bekanntmachungen zu senken, neue und günstigere Anzeigen-Konditionen verhandelt werden konnten. Der Rabatt den die Stadt Alsfeld erhält, steigt nochmals um 10%. Dieser Rabatt findet nun auch Anwendung auf Nachrufe. Das ist neu, denn bisher wurde hierauf kein Rabatt gewährt. Damit sinken die Kosten in diesem Bereich um etwa 60% und der Haushaltsansatz kann auf 5.000 Euro gesenkt werden.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind davon überzeugt, mit unseren Änderungsvorschlägen einen besseren, gerechteren und ausgewogeneren Stadthaushalt 2014 auf den Weg zu bringen, der einen Ausgleich zwischen den Interessen der Alsfelderinnen und Alsfelder und den örtlichen Wirtschaftsbetrieben schafft.
Uns liegt eine Stadt Alsfeld am Herzen, die trotz schwieriger Rahmenbedingungen investiert, die Kultur und ehrenamtliches Engagement fördert, die attraktive Leistungen für die Bürgerinnen und Bürger vorhält, wie etwa unsere Stadtbücherei oder das nochmals aufgewertete Frei- und Hallenbad mit Sauna, Salzgrotte und Bewegungsbecken.
Und nicht zuletzt wünschen wir uns ein soziales und familienfreundliches Alsfeld, das Ungerechtigkeiten nicht ignoriert und als Probleme von sich wegschiebt. Durch mehr Gemeinsinn und einen stärkeren gesellschaftlichen Zusammenhalt entsteht ein lebenswertes Alsfeld für alle Bürgerinnen und Bürger.
Deshalb kann ich nur an die Verantwortlichkeit aller Stadtverordneten appellieren und um eine Zustimmung für unsere Änderungsvorschläge zum Haushalt bitten. Es bleibt viel zu tun in den verbleibenden 7 ½ Monaten des Jahres 2014 packen wir es gemeinsam an!
Swen Bastian, Fraktionsvorsitzender der SPD
08. Mai 2014