Kürzungen bei Kommunen verfassungswidrig

Die Kürzungen beim Kommunalen Finanzausgleich sind verfassungswidrig. Das hat der Hessische Staatsgerichtshof am Dienstag entschieden. Die Opposition wertet das Urteil als Schlappe für das Land.
Die Richter kippten damit die von der CDU/FDP-Koalition 2011 beschlossene Änderung des Finanzausgleichs. Als Begründung gaben sie einen Verfahrensfehler an. Der Finanzbedarf der Kommunen sei nicht ermittelt worden, dadurch sei die Änderung in wichtigen Teilen verfassungswidrig. Mit dem Gesetz waren den Kommunen insgesamt mehr als 340 Millionen Euro an jährlichen Zuwendungen gestrichen worden.

"So rundheraus positiv hätte ich es nicht erwartet", freute sich Alsfelds Bürgermeister Ralf Becker (SPD) über das Urteil. Die Stadt sei mit ihrer Klage "voll durchgedrungen", so der Bürgermeister. Mit einem Teilerfolg habe man schon gerechnet, "aber dieser Kompletterfolg, der macht uns natürlich alle glücklich." Die Vogelsberg-Stadt hatte die Grundrechtsklage beim Staatsgerichtshof eingereicht.

Kürzung lähmt Kommunen
Denn viele Kommunen sehen sich wegen der Kürzungen nicht mehr zur Erfüllung ihrer Aufgaben in der Lage. So hatte Alsfeld wegen Geldmangels ohnehin schon ein Kinderhort geschlossen, Zuschüsse für die Musikschule gestrichen und auf die Ausrichtung des Hessentags verzichtet.

Mit den zusätzlichen Kürzungen sah sich die Kommune gänzlich ihrer Handlungsfähigkeit beraubt. Nach Angaben von Bürgermeister Becker fehlen im Stadtsäckel etwa 400.000 Euro. Neben Alsfeld haben weitere Kommunen Klagen eingereicht. Sie alle verbinden mit dem Urteil die Hoffnung auf Aufbesserung ihrer Finanzen.

Häme von der Opposition
Als Niederlage für Schwarz-Gelb und Sieg für die kommunale Selbstverwaltung wertete die SPD die Entscheidung der Richter. "Dieses Urteil ist eine weitere juristische Schlappe für die Landesregierung", erklärte Parteichef Thorsten Schäfer-Gümbel. Wer den Kommunen immer mehr Aufgaben übertrage, müsse auch eine ausreichende Finanzausstattung zur Verfügung stellen.

"CDU und FDP mussten wieder einmal gerichtlich zur Einhaltung der Verfassung gezwungen werden", kommentierte Grünen-Chef Tarek Al-Wazir. Die Regierung sei seit Jahren nicht in der Lage, eine Reform des Kommunalen Finanzausgleichs hinzubekommen. Der Fraktionsvorsitzende der Linkspartei, Willi van Ooyen, begrüßte das Wiesbadener Urteil. "Die Landesregierung ist mit ihrem Versuch gescheitert, die Schuldenbremse auf die Kommunen abzuwälzen." Er forderte, die Kürzungen noch für das laufende Haushaltsjahr zurückzunehmen.

Schnelle Konsequenzen gefordert
Auch der Landrat des Kreises Bergstraße, Matthias Wilkes (CDU), sieht die Landesregierung nun sofort in der Pflicht. Eine Nachbesserung des Gesetzes, wie vorgesehen bis 2016, komme zu spät. Es müsse zumindest eine Überganglösung geben, die es den Kreisen erlaube, wenigstens ihre Pflichtaufgaben bezahlen zu können. Der Kreis Bergstraße hatte mit zwei weiteren Landkreisen auch Klage gegen das Gesetz für den Finanzausgleich erhoben.

Der Hessische Städte- und Gemeindebund sprach von einem guten Tag für die Kommunen des Landes. "Das Land kann beim Finanzausgleich nicht nach Belieben schalten und walten", sagte Geschäftsführer Karl-Christian Schelzke. Man wolle die Urteilsbegründung nun prüfen und klären, welche Konsequenzen daraus zu ziehen seien.

Schäfer sieht keine Gewinner
Finanzminister Thomas Schäfer (CDU) wollte in dem Urteil keine klaren Gewinner oder Verlierer ausmachen. Es sei nicht gesagt, dass die vom Staatsgerichtshof geforderte Bedarfsermittlung am Ende für die Kommunen mehr Geld ergebe, sagte Schäfer. Die Richter hätten einen Weg aufgezeigt, den man nun gehen müsse. Es gelte, auf Grundlage eines breiten und parteiübergreifenden Konsens das für Land und Kommunen beste Konzept zu erarbeiten.

Die Verfassungsrichter haben das Land beauftragt, das Gesetz bis Ende 2015 nachzubessern. Das Urteil gilt nicht rückwirkend, es gibt also keine Nachzahlung. Damit ist die Regierung sozusagen mit einem blauen Auge davon gekommen. Schelzke ist trotzdem zufrieden. "Ich denke, der Erfolg ist auch ein Erfolg, wenn wir in Zukunft wissen, dass wir mit unseren Forderungen gehört werden.", so der Städtebund-Chef.