
Engelrod (gst). Mit "WSV" ist nicht der Winterschlussverkauf gemeint, sondern für den stellvertretenden hessischen SPD-Landesvorsitzenden Manfred Schaub verbirgt sich dahinter das "Wahlsiegvorbereitungsjahr". Denn die Hessen-SPD will nach der nächsten Landtagswahl in Hessen nicht nur die Macht übernehmen, sondern wegkommen von der Zentralisierung der Macht. Unter dem Motto "Hessen erneuern" hatte die SPD Vogelsbergkreis ins Engelröder Dorfgemeinschaftshaus eingeladen. Mit Bürgern diskutierten Swen Bastian und Manfred Schaub über den ländlichen Raum, seine Chancen und Herausforderungen. Der Bürgerdialog soll bei der Gestaltung des SPD-Wahlprogramms eine wichtige Rolle spielen. Bei der Gestaltung des Programmms setzt die SPD auf eine breite Bürgerbeteiligung und Diskussion.
Die Zentralisierung der Macht in der Landeshauptstadt unter Schwarz-Gelb kritisierte der Baunataler Bürgermeister Schaub, der stellvertretender SPD-Landesvorsitzender und gleichzeitig seit 2003 sportpolitischer Sprecher der Bundes-SPD ist. Als Inhaber der Fußball-Trainer A-Lizenz und begeisterter Sportler ist er auch stellvertretender Vorsitzender des Bundes Deutscher Fußballlehrer.
Man wolle seitens der SPD mit Bürgern ins Gespräch kommen, um Hessen mit den Menschen zu erneuern, sagte der Vogelsberger SPD-Unterbezirksvorsitzende Swen Bastian. Mit Manfred Schaub habe man prominente Unterstützung gefunden. Engelrod sei als Modellbild für den ländlichen Raum für diese Zusammenkunft und den Austausch sehr gut geeignet. Schaub kenne die Probleme und sei in der Lage, die richtigen Entscheidungen für den ländlichen Raum zu treffen, so Bastian.
Alles außer dem Ballungsraum Rhein-Main sei ländlicher Raum, stellte Schaub fest. Hessen habe in Wiesbaden die kommunalfeindlichste Landesregierung, die es je gegeben habe. Nicht nur durch den kommunalen Finanzausgleich, auch durch die Hintertür werden den Kommunen aufgrund geringerer Zuschüss Geld entzogen. Dies sei Kommunalfeindlichkeit in Reinkultur. Schaub forderte unter anderem wieder eine Prioritätenliste für die Sanierung von Straßen.
Alle Themen, mit denen sich Deutschland zukunftssicher machen wolle, würden im ländlichen Raum entschieden; die Bildung sei eine davon. "Wer schlechtere Startchancen habe, endet am Schluss auch schlechter. Das Bildungssystem muss fit gemacht werden, damit alle auf den Weg mitgenommen werden.
Die Energiewende finde vor Ort statt und die Dezentralisierung trage zu mehr Unabhängigkeit bei. Mobilität sei ebenso wichtig; hier müssten aber intelligente Lösungen gefunden werden und nicht immer Ringverkehr sondern Pendelverkehr könnte hier eine Möglichkeit sein. Öffentlicher Nahverkehr gehöre zur Daseinsvorsorge im ländlichen Raum.
Nicht jeder Ort könne künftig eine umfassende Versorgung gewährleisten. Ziel sei es aber, Angebote in der Nähe zu bieten und auch Möglichkeiten zu schaffen, wo Menschen sich treffen könnten.
Die Breitbandversorgung wurde als erstes von Zuhörerseite ins Gespräch gebracht und die damit verbundene Möglichkeit, Telearbeitsplätze einzurichten. Bernhard Bender, ehemaliger SPD-Landtagsabgeordneter, meinte hierzu, dass der ländliche Raum darunter leide, dass die Privatisierung immer weiter betrieben werde. Ziel müsse es sein, dass es leicht sein müsse, überregionale Arbeitsplätze zu erreichen und nicht stundenlange Fahrten und auch hohe Fahrtkosten damit verbunden seien. Bender warnte auch vor geringerem Lohn bei einer Arbeitsstelle außerhalb von Ballungsräumen.
Hierzu passte auch die Forderung, beispielsweise "Schnellbusse" Richtung Frankfurt einzurichten. Ebenso waren mögliche Maut-Gebühren ein Thema, die den Weg zur Arbeit noch verteuern würden.
Die entsprechende Lehrerversorgung auch an kleineren Schulen, die Sicherung der ärztlichen Versorgung waren des Weiteren Themen, die die Menschen bewegten. Schaub brachte hier medizinische Versorgungszentren und Sprechstunden in kleineren Orten ins Gespräch; angeregt wurde, dies mit dem Angebot des öffentlichen Nahverkehrs zu verbinden.
Verständlich, dass auch die Windenergie ein Thema war. "Wind ist eine gefährliche Kiste", so der stellvertretende SPD-Landesvorsitzende. Er sprach dabei von einer Abwägung zwischen ungestörter Aussicht und Atomkraftwerken.
Ausgesprochen wurde die Forderung, dass aus den Ballungsräumen Geld in die durch Windkraftanlagen belasteten Regionen fließen müsse. "Der Ballungsraum nutzt das gleiche Wasser wie wir und hier kostet es mehr." Aufgeworfen wurde auch die Frage nach der Höhe der Abwassergebühr. Die gesplittete Abwassergebühr ist auf dem Land tödlich", war zu hören.
Was letztendlich im Wahlprogramm der SPD stehen wird, darauf sind die Anwesenden sicher gespannt; Manfred Schaub jedenfalls konnte sich an diesem Abend einige Anregungen notieren.