Swen Bastian zum neuen SPD-Unterbezirkschef gewählt

Wachablösung an der Spitze der SPD Vogelsberg: Swen Bastian folgt auf Manfred Görig.

Oberhessische Zeitung vom 30.04.2012.
Vogelsbergkreis (bel). Ein "Signal der Geschlossenheit", das von diesem Parteitag ausgehen sollte, hatte sich Swen Bastian gewünscht – und er hat es bekommen. Mit knapp 92 Prozent wählten ihn die Delegierten am Samstagnachmittag zum neuen Unterbezirksvorsitzenden der SPD Vogelsberg. Der 32-Jährige aus Alsfeld tritt damit die Nachfolge von Manfred Görig an, der das Amt elf Jahre lang inne gehabt hatte und im Juni als Landrat ins Kreishaus nach Lauterbach wechseln wird.

In Zahlen ausgedrückt: 76 Delegierte von 83 Stimmberechtigten votierten für den "waschechten Vogelsberger" Bastian, vier waren dagegen, drei enthielten sich. Neuer stellvertretender Vorsitzender des Unterbezirks wurde der 52-jährige Ulrich Höhn aus Freiensteinau (72 Ja-, drei Neinstimmen und eine Enthaltung); während auf Stephanie Kötschau schließlich 74 Ja- und eine Neinstimme sowie zwei Enthaltungen entfielen und die SPD-Frau aus Herbstein damit zur neuen stellvertretenden Pressereferentin kürten. Alle drei mussten sich nicht gegen einen Gegenkandidaten behaupten.

Nachdem Gerhard Fatum vom gastgebenden SPD-Ortsverband Lauterbach die Delegierten im neu renovierten "Grünen Baum" in Maar und damit "in gemütlicher und heimeliger Atmosphäre" begrüßt hatte, nannte Bundestagsabgeordneter Rüdiger Veit verschiedene Gründe, die es notwendig machten, dass der SPD wieder die Regierungsverantwortung in Berlin und Wiesbaden übertragen werde. Unter anderem sprach er die "Pflegereform, welche diesen Namen nicht verdient und mehr Flick- und Stückwerk ist" sowie das angedachte Betreuungsgeld, "das familienpolitisch höherer Schwachsinn ist". Zudem forderte er ein Abschaffen der "unseligen Praxisgebühr".

Veit bedauerte, dass durch die Reform der Bundestagswahlkreise der Vogelsberg "wieder in Stücke" gerissen werde und kündigte an, sich bei der Delegiertenversammlung am 7. September erneut um ein Bundestagsmandat bewerben zu wollen. Es gelte, der Entwicklung massiv gegenzusteuern, wonach die Schere zwischen Arm und Reich immer größer werde. Dies sei für ihn Ansporn und Motivation genug, so der Bundestagsabgeordnete.

Der scheidende Unterbezirksvorsitzende Görig blickte zurück auf die Zeit der zehn Oppositionsjahre und war stolz darauf, "dass wir jetzt wieder die Verantwortung im Vogelsbergkreis übernommen haben". Der Wendepunkt sei mit der "taktischen Meisterleistung" gekommen, in 2011 Kommunal- und Landratswahl zusammenzulegen. Zwar habe die CDU die SPD knapp mit 0,7 Prozent überflügelt, doch sei es gelungen, gemeinsam mit Grünen und Freien Wählern eine Koalition zu bilden. Diese sei auf Vertrauen aufgebaut und arbeite gut zusammen.

Obgleich der 52-jährige Görig, "mit Leib und Seele" Unterbezirksvorsitzender war, sei es nun an der Zeit, das Amt in jüngere Hände zu legen. Zudem werde ihm als Landrat sicherlich auch die Zeit fehlen, um der Partei neue Ideen zu vermitteln.

Zugleich appellierte er an die anwesenden Delegierten, um neue Mitstreiter vor Ort zu werben und eine Verjüngung der Ortsverbände anzustreben. "Wir müssen handlungsfähig bleiben", forderte Görig, der davor warnte, "sich abzukapseln und im eigenen Saft zu schmoren". Denn wenn die SPD aktiv sei, dann könne sie Erfolge verzeichnen – wenn nicht, verliere sie Basis und Macht. "Und das ist ein schleichender Prozess", mahnte der scheidende Unterbezirkschef.

Scharf ging Görig mit der alten Regierungskoalition des Vogelsbergkreises ins Gericht, "die jetzt dabei sind, sich aus der Verantwortung zu verabschieden und viele unerledigte Aufgaben hinterlassen haben". An besonderen Herausforderungen nannte er die medizinische Versorgung, die Wirtschaftsförderung, den Tourismussektor, die demografische Entwicklung und die "völlig ungeordnete finanzielle Situation". Es sei paradox, wenn sich die politisch Verantwortlichen des Landes für den kommunalen Schutzschirm feiern ließen und auf der anderen Seite den Kommunen jährlich 344 Millionen Euro im kommunalen Finanzausgleich entzögen. Bezüglich der Energiewende forderte er zum einen eine Gleichbehandlung aller Regionen und zum anderen ein Profitieren der Bürger beispielsweise über Beteiligungsmodelle oder Energiegenossenschaften. Görig wörtlich: "Wenn das zu uns kommt, dann wollen wir ordentlich mitverdienen".

Der vom Unterbezirksvorstand einstimmig vorgeschlagene Swen Bastian gab einen kleinen Rückblick auf seine Parteikarriere und betonte, die viel zitierte "Ochsentour" gemeistert zu haben. Dabei aber habe er viel Erfahrung sammeln und den Vogelsbergkreis mit seinen Besonderheiten kennen lernen können. In diesem Zusammenhang appellierte der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Kreistagsfraktion an die Kommunen, die Einheit des Kreises zu wahren, "denn der Vogelsberg ist nur dann stark, wenn wir uns insgesamt darstellen und nicht an den Rändern ausfasern".

Ab Juni wird der Mitarbeiter im Büro des Noch-Landtagsabgeordneten Görig für Tobias Ecker (MdL aus Limburg-Weilburg) tätig sein. Auch er appellierte an die Delegierten, Politik engagiert mitzugestalten und dankte Manfred Görig, "der die Partei über eine lange Durststrecke aus einem tiefen Tal wieder herausgeführt hat". Der Dank gelte aber auch den Ortsvereinen und Arbeitsgemeinschaften wie AG 60 plus, AfA und den Jusos. Für die Zukunft sei es nötig, neue Mitglieder zu gewinnen, um die bewährten Strukturen vor Ort zu erhalten. "Wir müssen offensiv werben und die SPD weiter voranbringen", betonte Bastian. Dies im Gegensatz zur CDU des Vogelsbergkreises, die den Generationswechsel verpasst und ihren Vorsitzenden Ulrich Künz mit einem nur "mittelprächtigen Ergebnis" nochmals bestätigt habe.