
Gross-Felda (gk). "Unsere Jugend ist nicht ausgestattet mit einer Perspektive, die das Leben trägt. Über 30 Prozent der Arbeitnehmer zwischen 20 und 40 Jahren sind in befristeten Arbeitsverhältnissen beschäftigt. Damit kann man keine Lebensplanung aufbauen." Dies sagte Bernhard Bender, Vorsitzender der Arbeitsgruppe für Arbeitnehmer in der SPD-Vogelsbergkreis auf der Mitgliederversammlung in der Gaststätte "Zur Oase".
Und es geht weiter, so Bernhard Bender, "gut 80 Prozent der Arbeitnehmer über 50 Jahre haben im Falle einer Arbeitslosigkeit keine Chance in das Arbeitsleben zurückzukehren, da im Zuge der Haushaltskonsolidierung die notwendigen Stützungsmaßnahmen zur Eingliederung abgebaut wurden." Ingesamt 1,2 Millionen Euro seien in diesen Bereichen eingespart worden. Die AfA müsse deutlich machen, dass Konsolidierung nicht auf dem "Rücken der Schwachen in der Gesellschaft" ausgetragen werde dürfe. Bender, lange Jahre Landtagsabgeordneter erinnerte auch daran, dass es ab dem 1. Mai diesen Jahres auf dem Arbeitsmarkt eine "neue Bewegung" gebe, wenn Arbeitnehmer aus EU-Ländern wie Polen uneingeschränkte Arbeitserlaubnis bekommen. "Wir brauchen den Mindestlohn, und zwar flächendeckend, erklärte der Vorsitzende der AfA in der SPD-Vogelsbergkreis.
"Prekäre Arbeitsverhältnisse – was dagegen tun?" war daher auch das Thema eines Referates des Landtagsabgeordneten Wolfgang Decker (Kassel). Die Bundesregierung stelle sich momentan als ein Team des "Jammerns" vor, das keinerlei gesellschaftspolitische Perspektive vermittele, geschweige denn soziale Akzente setze. Gewerkschaften und die SPD müssen, wie Decker immer wieder erwähnte, "Druck auf den Deckel geben" für mehr Fairness auf dem Arbeitsmarkt. Wie notwendig dies sei, dass belegte der Referent mit Zahlen. 6,5 Millionen Menschen lebten in Bedarfsgemienschaften von SGB II, 4,75 Millionen davon seien erwerbstätige Hilfeempfänger, darin enthalten die 1,3 Millionen Menschen, die so genannten "Aufstocker". Zusammen mit den 900 00 Langzeitarbeitslose und über eine Millionen Leiharbeitern sind 7,8 Millionen Menschen im Niedriglohnsektor beschäftigt. Das sind nach den Worten von Decker 20 Prozent der Arbeitnehmer, die weniger als 9,50 Euro (West) oder 6,50 Euro (Ost) verdienen.Die erste Forderung muss nach Decker, lange Jahre beim Landeswohlfahrtverband beschäftigt, heißen: "Wir brauchen einen gesetzlichen Mindestlohn für ganz Deutschland von 8,50 Euro." Das bedeute aber besonders für die AfA, dass man sehr "dicke Bretter" bohren müsse, denn der CDU-Wirtschaftsflügel und die FDP seien massiv gegen derartige Regelungen.
Im Hinblick auf den 1. Mai und das drohende Lohn- und Sozialdumping sei es notwendig, dass man zusammen mit den Gewerkschaften sich dieser Forderung nach Mindestlöhnen, die keinesfalls "arbeitsplatzvernichtend" seien, annehme. Bei der Leiharbeit sei es bereits Realität: der Mindestlohn ist – im Zuge der Harzt IV-Verhandlungen – durch den massiven Druck der SPD eingesetzt worden. Decker sprach auch die Qualifizierung als unbedingte Voraussetzung für den Abbau der Arbeitslosigkeit an. Nicht alle werden es schaffen; aber die Anstrengung bei der Eingliederung darf nicht "zurückgefahren" werden. Decker bezeichnete es als "einen Wahnsinn", hier 20 Prozent der Kosten und damit für das Jahr 2011 insgesamt zwei Milliarden Euro einzusparen. Aufbauend auf der gesetzlichen Vorgabe seien dies bis zum Jahre 2016 16 Milliarden Euro, die hier "auf dem Rücken der ganz Schwachen" reduziert werden sollen.
Im weiteren Verlauf der Mitgliederversammlung der AfA wurde der Vorstand entlastet; danach stand die Neuwahl an. Fast vollständig wurde der Vorstand im Amt bestätigt; er setzt sich zusammen aus: Vorsitzender Berhard Bender (Mücke); Stellvertreter sind Christina Merkel (Romrod) und Joachim Hannig (Mücke); Beisitzer: Hans Bohl (Schlitz), Horst Döring (Lautertal), Michael Huscher (Lauterbach), Norbert Langer (Romrod), Huber Klaus (Feldatal), Ewald Greulich, Wilhelm Zinnel, Michal Mohles (alle Schotten).