Man kann nicht kommen, ohne jemanden zu treffen

„Jugendherbergen sind heute Begegnungsstätten. Man kann nicht kommen, ohne andere Menschen zu treffen,“ bringt Peter Weinberger, seit knapp zwei Jahren Leiter der Jugend-herberge Hoherodskopf, den Stellenwert dieser gut 100-jährigen Einrichtungen auf den Punkt. Anders als in einem Hotel gäbe es keine Rückzugsmöglichkeit auf ein Einzelzimmer. Es herrsche das „pure Leben“ – Jung und Alt, Menschen jeglicher Glaubensrichtung, Schüler und Radwanderer, Naturkundler und Trommler träfen hier aufeinander und tauschten sich aus. Im Sozialdemokratischen Bürgerdialog berichtete Weinberger über seine Arbeit. Dr. Andreas Drinkuth, Vorsitzender der Schottener SPD, moderierte das öffentliche Gespräch in der Jugendherberge.

Jugendlichen und Kindern stelle er sich noch als Jugendherbergsvater vor und sei für sie so etwas wie die oberste Autorität im Hause. Allerdings habe sich seine Arbeit verändert. Jede Jugendherberge müsse heute ihr eigenes Profil entwickeln, um für bestimmte Zielgruppen attraktiv zu sein. Den klassischen Fußwanderer gäbe es immer seltener, dafür Radwanderer und Familien. Die Familien suchten die preiswerte Unterkunft und Angebote für die gemein-same Freizeit. Da gäbe es ein breites Angebot wie Klettergarten, Sommerrodelbahn, Nacht-wanderungen oder auch mal ein Lagerfeuer. Der Renner für Kinder sei jedoch eine mehr-stündige Wanderung mit Lamas, die von ihnen selbst geführt werden. Die Eltern schätzten vor allem die „Natur pur“ auf dem Hoherodskopf. Auf 30.000 Quadratmeter Herbergsgrundstück, könne praktisch nichts passieren.
Diese einzigartige Lage und die vier großzügigen Gruppenräume nutzten auch Chöre, Mu-sikgruppen oder Yogagruppen. Da müsse man bei der Buchung nur aufpassen, dass Grup-pen die Ruhe suchten, nicht zeitgleich mit Trommlern zusammen treffen, schmunzelt Wein-berger. Solche Gruppen und Familien kommen vor allem an den Wochenenden und in den Ferien.

Während der Woche sind es dagegen überwiegend Schulklassen. Hier stehe das soziale Lernen im Vordergrund. Schüler seien es kaum noch gewohnt, sich in eine größere Gemein-schaft mehrere Tage einzufügen. Wie groß das Bedürfnis aber danach sei, zeige sich an ihrem Freizeitverhalten. Vorrangig verschwinden sie dann auf ihre Vier- und Sechsbettzim-mer, lägen oft kopfüber auf den Betten und redeten miteinander. Jede Klasse könne sich ihr spezielles Programm anhand einer vorher zugeschickten CD mit Angeboten zusammenstel-len. Das könne eine Klassenfindung in einem neuen Schuljahr, ein Naturkundeschwerpunkt oder ein Präventionstraining sein wie „Fit für Conflict“, „Jetzt reicht’s aber …“, „Jede Menge Zoff“ oder „Lernen lernen“. Die Jugendherberge Hoherodskopf sei ein Vorreiter mit den Themen Gewalt, Stress, Sucht und Teambildung, berichtet ihr Leiter. Die drei- bis fünftägigen Trainings würden von professionellen Trainern begleitet und richteten sich auch an Aus-zubildende oder dienten der Weiterbildung von Multiplikatoren.
Eine Jugendherberge lebt von den Menschen, die dort neben dem Herbergsvater in der Kü-che, als Hausmeister oder an der Rezeption arbeiten. Letztere sei die „Seele des Hauses“, so Weinberger. Sie sei bis Mitternacht besetzt. Dort kämen die Gäste an, dort könnten sie sich informieren und werden über die vielfältigen Angebote beraten. Kinder könnten dort Freundschaftsbänder und Erwachsenen eine Flasche Wein erstehen. Wichtig sei es, dass jeder im Haus über alles Bescheid weiß. So hat jeder Mitarbeiter ein kleines Postfach und im direkten Gespräch würden auftauchende Probleme sofort besprochen und geklärt.

Die Gäste des Gesprächs zeigten sich besonders von den Übernachtungszahlen beeindruckt. Waren es 2009 noch 12.000 Übernachtungen, werden es in diesem Jahr mehr als 15.000 sein. Für 2011 sind 18.000 Übernachtungen angepeilt. Das sei ein wichtiger Beitrag für den Tourismus meinte Magistratsmitglied Willi Zinnel. Abschließend führte Peter Weinberger die Besucher durch das Haus: Zimmer, Aufenthaltsräume, die Küche und der Keller mit seinem Laborraum – darunter das besondere Highlight des Hause der größte und schönste Aufenthaltsraum mit einem wunderschönen Blick bis nach Frankfurt.